Seit dem Jahr 2010 wurde bzw. wird in der Fachwelt eine rechtspolitische und rechtswissenschaftliche Diskussion zu den Rechtsberatungsbefugnissen von einzelnen Berufsgruppen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung geführt. Vor allem der BRBZ hat diesbezüglich enorme Aufklärungsarbeit geleistet und herausgearbeitet, dass Finanzdienstleister und Versicherungsmakler über keine abstrakte Rechtsberatungsbefugnis im genannten Beratungsbereich verfügen. So stellte der Präsident des Deutschen Juristentages, Prof. Dr. Martin Henssler, sein zusammenfassendes Rechtsgutachten zur beschriebenen Thematik im Rahmen des „2. BRBZ-Rechtsberatungskongresses zur betrieblichen Altersversorgung 2011“ vor, um eine abschließende Rechtsklarheit für die Rechtsanwendung aufzuzeigen. Die Ergebnisse des Gutachtens lauten wie folgt:

  1. Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter verfügen nicht über die erforderliche Befugnis zur Erbringung von Rechtsberatungsdienstleistungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung.
  2. Der Gesetzgeber hat den Versicherungsmaklern in § 34d Gewerbeordnung (GewO) keine umfassende (rechtliche), sondern nur eine akzessorische, das heißt gebundene Beratungsbefugnis zugesprochen. Bei der Beratungstätigkeit eines Versicherungsmaklers muss in jedem Fall der Versicherungsvertrag im Vordergrund stehen. Die allgemeine rechtliche Beratung, welche Art der betrieblichen Altersversorgung (etwa steuerrechtlich) zu empfehlen und wie sie individual- und kollektiv-arbeitsrechtlich umzusetzen ist, wird von der akzessorischen Beratungsbefugnis nicht umfasst.
  3. Die rechtliche Beratung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung steht in keiner Abhängigkeit zu einem zu vermittelnden Finanzdienstleistungsprodukt. Vielmehr sind beide Tätigkeiten völlig autark voneinander zu erledigen.
  4. Die Informationspflicht gemäß § 61 Absatz 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) gewährt Versicherungsvermittlern keine eigenständige Rechtsdienstleistungsbefugnis. Die Pflicht zur Information endet dort, wo die Grenze zur erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung verläuft. Setzt die umfassende Information eine rechtliche Beratung voraus, so muss der Versicherungsvermittler den Kunden nur allgemein über potenzielle Rechte und Risiken aufklären und im Übrigen auf eine fachkundige Beratung durch einen Rechtsanwalt oder Rentenberater verweisen.
  5. Da dem Versicherungsvermittler die zweitberufliche Tätigkeit als Rechtsdienstleister verwehrt ist, kann die Rechtsdienstleistung folglich keine zulässige Nebenleistung im Sinne des § 5 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) sein. Im Übrigen würden die bei der bAV-Beratung anfallenden Tätigkeiten ihrem Umfang und ihrer Qualität nach keine Neben- sondern eine Hauptleistung darstellen.
  6. Die Berufe des Versicherungsmaklers und des Versicherungsvertreters sind mit dem Beruf des Rentenberaters unvereinbar. Ein Rentenberater, der gleichzeitig Versicherungsvermittlung oder -vertretung anbietet, ist persönlich ungeeignet im Sinne des § 12 Absatz 1 RDG. Insoweit lassen sich die – vom Bundesgerichtshof (BGH) und vom Bundesverfassungsgericht (BverfG) im Rahmen von § 7 Nr. 8, 14 Absatz 2 Nr. 8 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) anerkannten – Grundsätze zur Unvereinbarkeit des Berufs des Rechtsanwalts mit den Berufen des Versicherungsmaklers und des Versicherungsvertreters auf Rentenberater übertragen.
  7. Juristische Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit können nicht als Rentenberatungsgesellschaft registriert werden, wenn sie zugleich Versicherungsvermittlung oder -vertretung anbieten wollen.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet es nicht, eine Doppelregistrierung als Rentenberater und Versicherungsmakler durch die Anordnung von Auflagen nach § 10 Absatz 3 RDG zu ermöglichen. Solche Auflagen bieten keinen ausreichenden Schutz der Rechtsuchenden und des Rechtsverkehrs, da sie die Gefahr einer Interessenkollision nicht ausschließen; sie entsprechen zudem nicht dem Charakter des RDG als Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt. Der Umstand, dass die Tätigkeit der Rentenberater nicht berufsrechtlich reguliert ist, rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Darüber hinaus wurde auf dem  Kongress 2011 bestätigt, dass das deutsche Rechtsberatungsmonopol auch europarechtlich eindeutig gestützt wird, sodass auch auf diesem Wege der Finanzdienstleistung keine entsprechenden Rechtsberatungskompetenzen erwachsen können. Die diesbezüglichen Ausführungen von Herrn Prof. Dr. Hanns Prütting, Professor für deutsches und ausländisches Zivilprozessrecht und Bürgerliches Recht an der Universität zu Köln, begründen sich vor allem durch die folgenden europarechtlichen Judikaturvorgaben:

  1. Europarechtlich ist das deutsche Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) an der Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV zu messen. Dazu hat der EuGH am 27.07.1991 in der Sache Saeger gegen Dennemeyer (EuGH, NJW 1991, 2693 = EuZW 1991, 542 = EWS 1991, 319) und am 12.12.1996 in der Sache Broede gegen Sandker (Anwaltsblatt 1994, 114 = BRAK Mitteilungen 1997, 42 = EuZW 1997, 53 = WM 1997, 164 = RIW 1997, 164 = EWS 1997, 54) entschieden, dass das RBerG nicht zu beanstanden sei. Diese Rechtsprechung zum alten RBerG muss erst recht für das neue RDG gelten.
  2. Der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte hat das alte Rechtsberatungsgesetz (RBerG) an der Eigentumsgarantie des Art. 1 Zusatzprotokoll zur EMRK gemessen und ebenfalls nicht beanstandet (EGMR vom 20.04.1999, NJW 2001, 1555). Auch diese Entscheidung zum alten Recht lässt sich ohne Zweifel auf das neue RDG übertragen.

Vor diesem Hintergrund hat es der BRBZ durch seine marktdurchdringenden Aktivitäten erreicht, haftungsauslagernde Beratungsstandards für die bAV-Beratung zu definieren. Hiernach ist eine strikte Kompetenzverteilung zu wahren. Diese wird dadurch erreicht, dass die Erbringung der erforderlichen Dienstleistungen über ein professionelles Netzwerk zu erfolgen hat, in dem die unterschiedlichen Aufgabenstellungen den unterschiedlichen Know-how-Trägern zugewiesen werden. Die Übernahme der Rechtsberatung hat dabei durch einen befugten Rechtsberater zu erfolgen, die der Steuerberatung durch den jeweiligen steuerlichen Berater und die Finanzierungs- und Absicherungsfragen sollten durch einen erfahrenen und spezialisierten Finanzdienstleister geklärt werden. Nur auf diesem Wege kann dem umfassenden Verbraucherschutzgedanken des RDG hinreichend Rechnung getragen werden.